Es ist ja sowieso schon immer wieder ein Erlebnis, was man auf den Straßen finden kann. Nicht das es Mülltonnen usw. gäbe. Wozu die paar Meter gehen wenn die Straße doch breit und groß genug ist… Je nach Gegend fragt man sich da schon ab und an mal ob man gerade per Warp-Antrieb in ein völlig anderes Land geraten ist. Der übliche Müll auf unseren Straßen ist jedenfalls nicht sonderlich hübsch, wenig aufregend – mal abgesehen von emotionaler Aufregung im Sinne von Verärgerung – und schön ist er generell nicht. Selbst dann nicht, wenn Künstler meinen daraus auch noch eine Skulptur basteln zu müssen.
Hin und wieder aber kann man kleine Schätzchen finden. Immer vorausgesetzt man geht nicht Maulwurfn-mäßig durch die Gegend. Der ultimative Glücksfall ist natürlich immer Geld. Wer kann es nicht brauchen, wer nimmt es nicht gerne mit?
Was ich heute fand ist allerdings dann doch eher Kategorie „Außergewöhnliches“. Obwohl… genau betrachtet… aber der Reihe nach.
Meine Tour hat – abgesehen vom Hin- und Rückweg – zwei Bereiche in denen einfach nur Laufen angesagt ist. Das sind dann immer die Wegstücke, die ich eigentlich hasse aber andererseits auch durchaus zu genießen weiß. Ich nutze sie nämlich für ein Kippchen zwischendurch, die ich mir sonst lieber verkneife, weil das einfach doof ist. Da ich auf Tour bin und nicht auf der Flucht, dackel ich da – je nach Wetter – auch schon mal recht gemütlich lang. Auf mich wartet ja eh keiner, abgesehen von zwei Katzen von der eine persé dauerhungrig ist und sich so denkt: Wenn Frauchen heimkommt betteln wir mal eine Runde um Futter.
Heute ist mal wieder so ein superklasse Wetterchen. Zwar verflucht kühl für einen Sommer aber trocken und Sonnenschein. Also ließ ich es bissel gemütlicher angehen. Kurz vor meiner nächsten Lieferstation grinst mich was mitten auf der Straße an: Eine, mh… Art Perlenkette. Aber irgendwie eine merkwürdige. Bei näherer Betrachtung kam ich schon mal zu dem Schluss, dass es sich wohl um eine dieser Gebetsketten handeln müsste. Nur… für die, die unsere muslimischen Mitbürger so benutzen, war das Ding definitiv zu lang und außerdem fanden sich in regelmäßigen Abständen so eine Art „Knubbelperlen“ dazwischen. Es dauerte einen Moment bis es mir dämmerte: Rosenkranz. Ja, klar. Es fehlte zwar das obligatorische Kreuz am Ende aber eindeutig ein Rosenkranz.
Für Hildesheim eigentlich gar nicht mal das abwegigste Fundstück.
Hildesheim ist eine ziemlich alte Bistumsstadt und tatsächlich haben wir mehr Kirchen und kirchliche Einrichtungen als Schulen und Behörden. Kein Witz… Es ist völlig egal wo man in Hiltown hinzieht, du kannst ehrlich am sprichwörtlichen Arsch von Hiltown wohnen wo sonst nix ist, eine Kirche wirst du garantiert in der Nähe haben und dass du die auch zu hören kriegst – spätestens Sonntagmorgen – darauf kannst du dein Hinterteil locker verwetten. Mittlerweile bezieht sich das schon längst nicht mehr auf die beiden bekannten großen Konfessionen – die eh irgendwie schon seit Jahrhunderten im Wettstreit zu liegen scheinen – es finden sich sogar russisch orthodoxe Gemeinden, Neuapostolische, nicht zu vergessen unsere „lieben Freunde“ Zeugen Jehovas… nur die Synagoge gibt es nicht mehr. Jedenfalls nicht die alte. Die jüdische Gemeinde, die sich immerhin wieder gebildet hat, hat da wohl ein sehr viel simpleres Quartier als Gebetsraum. Schade eigentlich…
Da stand ich nun, in der Hand einen nicht mehr ganz kompletten Rosenkranz. Kein sonderlich edles Teil oder gar übermäßig hübsch. Plastikperlen in braun-bernsteinfarben marmoriert. Selbst unsere Buchläden verkaufen diese Dinger üblicherweise. Der hier nun war nur nicht mehr komplett. Und ich bin nicht mal katholisch… Aber manchmal tut man einfach Dinge, die sich jedem rationalen Denken entziehen. Vielleicht gerade weil das Ding nicht mehr komplett ist. Genauso wenig wie irgendeine Religion jemals perfekt wäre. Wie soll auch etwas perfekt sein, wenn Menschen ihre Finger im Spiel haben.
Wie auch immer… ich brachte es nicht fertig, das gute Stück in den nächsten Mülleimer zu werfen. Jetzt ziert eben ein unvollständiger Rosenkranz Mr. Trolley. Wer weiß wofür es gut ist. Ein bisschen Respekt vor dem Glauben anderer hat noch nie geschadet, auch und gerade wo ich eh so meine Problemchen damit habe noch an einen Gott oder Götter an sich zu glauben.
Irgendwie ein nachdenklicher Morgen. Verrückt, was so ein eigentlich unscheinbares, unvollständiges Fundstück auslösen kann.
