Tour mit Sonderdienstleistung

Tour Kolumne

Es ist schon interessant, was einem Morgens zwischen 3:00 h und 6:00 h so alles passieren kann. Man gewöhnt sich zumindest an so einiges, insbesondere an Dinge, die einem tagsüber so garantiert nicht passieren würden. Richtig interessant kann es aber tatsächlich werden, wenn einem was ganz banales, alltägliches begegnet. Da wird so ein Morgen geradezu richtig spannend! laugh

Da stecke ich also gerade die letzten vier Zeitungen meiner Tour – die Abonnenten wohnen im gleichen Haus mit einer wirklich schicken und idealen Briefkasten-Anlage – als mich der Klang eines schweren Diesels aufsehen lässt. Am Ende der Straße schleicht doch tatsächlich ein größeres Fahrzeug ins Wohngebiet. Der Form und Größe nach, die man gerade noch so in der von zwei nur unzureichend die Dunkelheit ausleuchtenden Straßenlaternen ausmachen kann, tippte ich auf einen Reisebus. War mir da aber nicht so ganz sicher. Hätte durchaus auch ein Ellawatsch (LKW) ohne Anhänger sein können. Wie auch immer… mir kamen prompt die gemurmelten Worte: „Na… du bist hier aber garantiert ’n bissel falsch…“ über die Lippen. Indes schlich das schwere Fahrzeug weiter und somit nur tiefer in sein Verhängnis. ICH wusste genau, was ihm am Ende seiner Straße erwartete und ich war mir absolut sicher, das der/die Fahrer(in) nicht begeistert sein würde.

Ich steckte auch die letzte Zeitung in ihren Briefkasten und machte mich auf den Weg Richtung Heimat, schon gespannt, was ich wohl am Ende jener Straße vorfinden würde. Durchkommen war zwar möglich aber so wie in diesem Wohngebiet in der Regel geparkt wurde… *hust* … dürfte es ein ziemliches Geduldsspiel werden da auch ohne Schaden wieder raus zu kommen. Es sei denn, man machte sich die Arbeit das komplette Stück rückwärts wieder raus zu fahren… was ja auch noch so einige Gefahren mit sich brachte. DENN: Genau diese eine gewählte Straße besaß exakt EINE Straßenlaterne. Nämlich am Anfang der Straße. Da es keine direkten Anlieger an dieser Straße gibt, gibt es eben auch keine Notwendigkeit von Laternen. Rückwärts raus würde also ein ziemlich riskantes Unterfangen werden, denn geparkt wird auch in dieser „dunklen Gasse“ sehr ausgiebig.
Selten so motiviert Richtung Heimat los getigert. ^^

Die Straße, in die ich nun einbog, lag parallel zu jener „dunklen Gasse“ und hat am Anfang einen leichten Knick, so dass man nicht bis zum Ende sehen kann – mal ganz abgesehen von der Dunkelheit, die hier aber wegen genügend Straßen-Lampen zwar gut durchleuchtet ist, deswegen aber auch nicht alles glasklar offen legt. Wie auch immer… Frau stiefelt also munter die Straße runter.
hinter jenem besagten Knick bekam ich echt das Grinsen. Da stand also ein ziemlich monströser, recht morderner Reisebus mitten in der nächsten Kreuzung. Der Fahrer wuselte um sein Fahrzeug herum, auf der Suche nach einer adäquaten Lösung seines Problems: WIE zum Henker kriege ich mein Schlachtschiff hier nur wieder RAUS!

Geradeaus ging schon mal gar nicht weil: Sackgasse! Und im – eh viel zu kleinen für einen Bus – Wendehammer stehen die Wagen der Anwohner rundherum. Schon immer eine Tatsache diverser Dispute am frühen Morgen (da lernt man so manches neues Schimpfwort… so ganz nebenbei… ;) ).
Rückwärts war auch keine wirkliche Option mehr, da ja nun schon halb um die Kurve und schon längst im Bereich in dem links und rechts geparkt wurde. Blieb also nur noch links in eben jene Straße, die ich gerade runter getigert kam. Die Sache hatte allerdings auch einen gewaltigen Haken: Fahrzeuge die bis zum äußersten Rand in der Kreuzung parkten. Der Grundsatz „5 Meter von der Kreuzungsmitte“ gilt in Wohngebieten ja selten bis nie was. Da steht man auch schon mal gerne mit der Schnauze einfach in der Kreuzung. Beim PKW-Verkehr geht das alles ja noch ganz gut. Aber hier war da echt Taktik gefragt.

Ich stellte also Mr. Trolley sicher ab und ging zu dem leicht verzweifelt drein schauenden Fahrer hinüber. Der klärte mich dann erst mal auf, dass er sich: „…nur an das verdammte Navi…“ gehalten hätte und das sagte eben, er solle die nächste links abbiegen. Tja… War ja auch fast richtig. HINTER der Polizei links abgebogen wäre er instant in der richtigen Straße und auch gleich an der richtigen Hausnummer gewesen. Aber er war eben VOR der Wache abgebogen…
Die kurze Schimpfkanonade, die auf diese Info folgte, gebe ich jetzt aber nicht wieder. Ich bin zwar nicht all zu pingelig in dieser Richtung, aber da kräuselten sich selbst meine Lauschlappen ein gutes Stück weit nach innen. ;)

Der sichtlich resignierte Fahrer wollte schon die Polizei rufen – zwecks Einweisung blubb. Als ich ihm anbot, dass ich das auch hin bekomme, guckte mich dieser knapp 2-Meter-Hüne erst mal sehr skeptisch an. Also meinte ich, er könne ja immer noch die Herren in der Wache von ihrem Feierabend-Kaffee wegholen, wenn wir zwei nicht miteinander klar kämen. Darauf klemmte er sich nur noch Kopf nickend wieder hinter sein Lenkrad und los ging der Spaß.
Wir rangieren also einen Reisebus morgens um 5:00 h mitten im Wohngebiet. laugh

Es ist zwar schon ewig her seit ich Ellawatsch gefahren bin aber auch das ist irgendwie wie Fahrrad fahren: Man verlernt es nicht. Heißt hier: Der Herr musste mir nicht erst erklären was wie wo er vor hatte um aus seiner Lage wieder raus zu kommen. Was nicht heißt, dass er es nicht versucht hätte. Ich ließ ihn nur mitten im Satz in seiner Fahrerkanzel einfach sitzen und tigerte zum ersten Rangierpunkt.
Gute 10 Minuten später stand der Bus gerade in der Straße. Die nächste Kreuzung würde er auf jeden Fall ohne Probleme schaffen. Da konnte man nämlich den gegenüberliegenden Bürgersteig nutzen weil dort keine Wagen parkten (warum auch immer aber da stehen tatsächlich nie Wagen).

Ich sammelte Mr. Trolley wieder ein und wollte mich wieder auf den Heimweg machen als sich der Fahrer noch mal vor mir aufbaut. Mit den Worten: „Saubere Arbeit, Kleine! Hätt‘ ich nicht gedacht, schon gar nicht um diese Uhrzeit.“ hält er mir einen 5-Euro-Schein unter die Nase. Als ich ihm erkläre, dass das nicht sein muss, stopft er mir das Ding ungefragt in die Brusttasche meiner Weste und meint leicht nuschelnd: „Polente wär peinlicher gewesen und hätt‘ wesentlich länger gedauert. Also Klappe.“ Absatz kehrt marsch und schon rollt der Bus Richtung Hauptstraße.

Ich kam wesentlich später als sonst Zuhause an aber das kratzte nur meine beiden „ausgehungerten“ Fellnasen. ;)
…und mir schmeckte mein Frühstücks-Kaffee heute irgendwie besser als sonst.

Vic
Über Vic 260 Artikel
Klein, bekloppt, chaotisch, unkonventionell und erwachsen werden ist nicht mehr drin. ;) Technik-affin, Spiele-Freak, Leseratte und noch so einiges mehr. Vor allem aber ohne meine Fellnase(n) total aufgeschmissen! Willkommen in meiner kleinen, verrückten (Märchen-)Welt. Noch Fragen? Dann fragt doch einfach! ;)