Sucht auf Koffeinbasis – Teil 1

IC Writing

Erm… NEIN! Das kann und sollte man nun NICHT ernst nehmen…
Das ist mal wieder… Kopfkino pur aus einer saublöden Blödelei heraus… Na, ihr kennt das ja, so … irgendwie… *hust*

Gewidmet:
Marco, F.D., Soe, Nessi, Hilli, Tyla und allen anderen Kaffee-Junkies auf dieser Welt. ;)

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Es war regnerisch. Eigentlich war der ganze Sommer regnerisch. Sozusagen Regnerisch als die neue Jahreszeit, um nicht zu sagen Regenzeit… Regenzeit. Jaaa, das traf es ganz gut. Schwül-warme bis eher frühlingshafte Temperaturen mit Regen. Deutsche Regenzeit.

Es war also regnerisch, was nicht verwundern sollte, hatten wir schließlich Regenzeit. Längst vergessen die Zeiten, als diese Jahreszeit mal Sommer hieß. Vielleicht gab es unter den ganz Alten noch ein paar, die den Jungen erzählen konnten, was das war: Sommer. Aber im hier und jetzt kannte das eigentlich keiner mehr wirklich. Die Vorstellung so ab Juni bis in den September hinein zu schwitzen und unter der Hitze stöhnend geradezu nach dem Herbst und Winter zu lechzen. Reine Utopie. Phantasie-Gebilde. Wunschdenken.

Wir hatten also mal wieder Regenzeit und die Stimmung lag sowieso schon darnieder als ich mich einer ganz neuen Wahrheit stellen musste:
Ich bin ein Suchti!
Ich… ok, ok… ich bin eh Raucherin. Also so ganz unbekannt ist mir Suchtverhalten nun auch wieder nicht. Aber nun ja… Rauchen ist dann doch noch eine andere Hausnummer als Junky zu sein oder Alkoholiker oder… Mein Gott! Wie konnte das nur passieren? WANN war das überhaupt passiert! Ich war erschüttert ob der niederschmetternden Diagnose: Ich war Kaffeeliker.
Ich blieb stehen, betrachtete im feinen Nieselregen des Vormittags meine Hände. Sie zitterten nur ganz leicht. Nun ja… der letzte Kaffee ist immerhin erst 30 Minuten her. Auf den Schock in der Arztpraxis war ich ja gleich gegenüber in den Coffeeshop gestürmt. Solche Nachrichten ertränkte man am besten in einem extra-großen Schwarzen ohne alles. Black is beautiful. Mmmhh… jetzt einen schönen Kaffee, heiß und schwarz… Leise knurrend schüttelte ich mich, schalt mich eine Närrin. Soweit war es also schon gekommen. Meine Gedanken drehten sich fast nur noch um dieses verfluchte heiße, schwarze Getränk… und noch während ich mich im Geiste selber ermahne blitzt keck meine Zunge hervor, streicht versonnen bei dem Gedanken an einen frischen Kaffee erwartungsvoll über die Lippen.
Okay. Nach Hause, Kaffee kochen und dann mal drüber nachdenken, was ich mir da so alles hatte anhören dürfen… an diesem drei Mal verfluchten Morgen.

Ich war kaum Zuhause, nicht mal so richtig aus der Jacke draußen, da bestückte ich schon mit fliegenden Händen die Kaffeemaschine. Scheiß doch drauf, was mir da alles erzählt wurde! Ich mein hey! Als Raucherin werde ich sowieso schon für alles mögliche verantwortlich gemacht. Fehlt ja nur noch die Aussage, wir Raucher wären schuld an der globalen Erderwärmung und das bitte noch VOR Autofahrern und Industrie. Wir dürfen uns mittlerweile allenthalben mit X Verboten rumschlagen, wobei witziger Weise unser Staat gerade an der Tabaksteuer ja gar nicht mal so wenig mit verdient. Das ist wie mit dem Benzin. Alles schimpft, allen voran Papa Staat aber genau der hat ja eigentlich gar nicht mal so sehr ein Interesse an alternativen Möglichkeiten, würde er ja daran schließlich nicht so herrlich mit verdienen können. Aber für die Öffentlichkeit, die das geringfügig anders zu sehen vorgibt, hauen wir natürlich auf den Putz und lassen uns neue Sachen einfallen… an denen natürlich wieder fleißig mit verdient wird. Das wird dann liebevoll und öffentlichkeitsheischend Ökosteuer genannt…
Wenn ich mir dem gegenüber so die ganzen Alkoholiker anschaue… Die sind doch fein raus. So ein Alkohol-Entzug kostet ja auch nichts. Leberzirrhose und Co. gibt es auch im Sonderangebot bei den Krankenkassen. Da schreit doch kein Hähnchen nach.

…und nun gab es da also dieses neue Krankheitsbild: Kaffeeliker. Ich lasse seufzend die Hände sinken. Durfte man überhaupt noch was genießen? Ich mein, es fehlt ja eigentlich nur noch, dass ich Steuern aufs Atmen bezahlen muss, weil die ganzen Umweltgifte in der Luft ja meine Lunge schädigen. Im Umkehrschluss: Sind dann die ganzen Outdoor-Fanatiker nicht so was wie Atemliker? „Ey Bro! Lass uns mal ne Runde Atem sniffen geh’n. Kenn da ne tolle Stelle…“
Grinsend klappe ich den Filter zu und starte mein Kaffeemaschinchen.

Okay… Ich bin also Kaffeeliker. Ein Suchti in einer vergleichsweise noch jungen Sucht-Kategorie. Es gab noch nicht viel, was man mit uns so anstellen konnte. Abgesehen von Entzugsmaßnahmen, die noch in den Kinderschuhen steckten und man sich vermutlich sowieso schnell wie ein Versuchkaninchen vorkommen würde. Abgesehen von den „ach so tollen“ Selbsthilfegruppen. Leises Knurren entrinnt meiner Kehle. Selbsthilfegruppe. Gaaanz großes Kino. Genau in eine solche hatte man versucht mich gleich unterzubringen. Aber im Moment waren wohl alle Plätze voll belegt, sowohl im Entzug als auch in einer dieser dusseligen Gruppen, und somit meine Therapie erst Mal verschoben.
Glück gehabt! Noch durfte ich ganz offiziell meinen kleinen heißen Schwarzen genießen.

Froh darüber trollte ich mich aus der Küche und ließ mich, nachdem ich auch endlich mal meine Jacke an die Garderobe gehängt hatte, vor dem Schreibtisch nieder. Lustlos wühlte ich in den ganzen Flyern und Prospekten, die mir mein Arzt mitgegeben hatte. So ein SCHWACHFUG! Bluthochdruck, Schlafstörungen, Magen- und Nierenleiden… Das könnte man auch so einigem Junkfood und sonstigen Fertiggerichten attestieren. Da redet aber mal keiner von einer Sucht! Dabei ist Kaffee noch mit einer der reinsten Naturprodukte überhaupt. Versuch doch mal einer da irgendwelche Konservierungsstoffe reinzuhauen. Der Hersteller könnte seinen Laden dicht machen wegen Panschen und Geschmacksverfälschung. Der wahre Kaffeetrinker verzeiht vielleicht vieles aber NIEMALS den Frevel sich am Produkt mittels Chemie und Zusatzstoffe – abgesehen vielleicht von dem einen oder anderen Aroma a la Vanille und Co. – zu vergreifen. Das könnte sicherlich schnell in Lynchjustiz ausarten.

Überhaupt war das ganze doch eigentlich ziemlich paradox. Ähnlich wie beim Alkohol war es keineswegs strafbar Kaffee zu kaufen, zu besitzen und zu trinken. Ganz im Gegenteil wurde sogar fleißig die Werbetrommel gerührt, damit man genau dies auch tat. Ginge es nach den Herstellern, konnte man eigentlich gar nicht genug Kaffee trinken. Da passte doch sicher noch ein Kännchen  mehr pro Tag rein, oder?
Kaffee entspannt. Kaffee nimmt dir die Sorgen. Die Kaffeewelt ist Sonne und Frohsinn und nette Menschen und Geselligkeit… kein Wort von irgendwelchen Gefahren oder gar einem Suchtpotential…

Missmutig feuere ich die ganzen Flyer in den Papierabfall. Kaffeeliker. Spinner! Ich bin doch kein Suchti!
Das werde ich mir auch von der blöden Selbsthilfegruppe nicht einreden lassen, auf deren Warteliste ich nun stehe.
Jetzt erst Mal einen Kaffee! Das hält man ja sonst nicht aus, so einen Quatsch!

Vic
Über Vic 260 Artikel
Klein, bekloppt, chaotisch, unkonventionell und erwachsen werden ist nicht mehr drin. ;) Technik-affin, Spiele-Freak, Leseratte und noch so einiges mehr. Vor allem aber ohne meine Fellnase(n) total aufgeschmissen! Willkommen in meiner kleinen, verrückten (Märchen-)Welt. Noch Fragen? Dann fragt doch einfach! ;)