Gestatten: Tageslicht-Vegetarier

Black Rivers

Wat für’n Ding?  O.o   o.O

Oh ja. Ich staunte auch nicht schlecht, als ich das erste Mal über diesen Begriff stolperte. Ich gestehe, mein Kopfkino legte da auch gleich mit äußerst kuriosen Bildern im Hirn vor. So nach dem Motto: Salat-Junky am Tag, Vampir bei Nacht. Merkwürdige Bilder… sehr merkwürdige, fast schon verstörende Bilder…  :gruebel:
Aber es gibt sie wirklich, die so genannten „Tageslicht-Vegetarier“. Im Groben werden sie so beschrieben: Menschen, die unter der Woche durchaus konsequent vegetarisch leben aber dennoch nicht auf ihren Sonntagsbraten verzichten wollen. Irgendwie kam mir das schwer bekannt vor…

Um ehrlich zu sein, habe ich mich nie bewusst für den Vegetarismus entschieden. Im Grunde schlich sich das bei mir im Laufe der letzten zwei Jahre einfach ein. Wobei das Ganze tatsächlich auch noch eher pragmatische Gründe hatte und hat. Angefangen hat der Umschwung einfach schon mal deshalb, dass man sich als Hartzi schlichtweg entscheiden muss: Billigkost in Fett und bäh oder doch lieber so gut es irgend geht gesund ernähren. Letzteres ist nicht zuletzt vor allem auch eine Frage der Finanzen. Obst und Gemüse sind mittlerweile zum Teil dermaßen teuer, dass man sich das nur noch leisten kann, wenn mal wieder die Sonderangebote in Mengen für „Großfamilien“ zu haben sind. Als Single einfach den eigenen Bedarf einkaufen ist schlichtweg unmöglich zu finanzieren. Ich wollte aber nicht verzichten. Also her mit den „Großpackungen“. Dann wurde (und wird) eben mal eine Woche von Äpfeln, Birnen oder Melonen gelebt. Habe ich ja nun so gar kein Problem mit.
Als dann auch noch (mal wieder) verstärkt die Lebensmittelskandale rund um Fleisch und Geflügel los gingen hatte ich dann ehrlich die Nase voll und würdige die Fleischtheke nur noch selten eines Blickes. Es sei denn… Es gibt so ein, zwei Dinge auf die ich nur ungern dauerhaft verzichte. Das ist ab und an mal so eine nette kleine Bratwurst und mein geliebter Bauerntopf, in den nun mal bissel Hackfleisch gehört. Die zweite Geschichte ist eine Art alter Familientradition mit meiner Schwiegermom. Jedes Jahr gehen wir zwei Weiber am ersten Weihnachtsfeiertag zu unserem Stamm-Chinesen und essen einen sog. Drehteller. Ich mag meine Schwiegermom sehr und mag ihr diesen kleinen Spaß nicht verderben. Zumal ich ja nun auch kein militanter Vegetarier bin. Ab und an, so zwei oder drei Mal im Jahr, gönne ich uns auch mal einen großen Topf selbst gemachtes Gulasch. Der reicht dann für meinen Nachbar und besten Freund, zwei Portionen eingefroren für Schwiegermom und für mich. Ansonsten gibt es nur noch mein geliebtes Mettbrötchen alle paar Wochen.
Der Rest meines Speiseplans besteht aus Obst, Haferflocken, Obst, Banana, Obst, Gemüse, Obst, Kartoffeln, Brot, Eier, Joghurt, Käse… ach ja, und Obst. Trauben (am liebsten in rot, wenn günstig), Banana, Melonen, Banana, Birnen, Banana, Nektarinen, Banana, Ananas (frisch! nix Dose!), Mango, Kiwi, Erdbeeren, Mandarinen, Orangen… und Banana. Na, ihr seht schon was ich meine. ^^
…und dann ist da noch die Abteilung Fisch! Ich mag auf Fleisch und Geflügel verzichten können. Auf Fisch niemals! Ich bin mit dem Zeug aufgewachsen und wenn ich richtig günstig an frischen Fisch kommen kann, dann jibbet da auch kein Halten mehr. Da muss Frau hin!

Zugegeben… Es schlich sich bei mir immer wieder mal das Ding ein, dass ich mich nicht wirklich satt fühlte nach so einem Obstgelage, bzw. dass es nicht sonderlich lange vorhielt. Mit der Zeit wird man da aber gewitzter und vor allem kreativer. Banana geht immer und wenn es eine Frucht gibt, die so herrlich stopfen kann, dann ist das BANANA! (damn… ich hab die ganze Zeit die Minions im Kopf… wird wohl heute noch „Ich, einfach unverbesserlich“ im Player landen ^^). Wie auch immer… Ich fing immer mehr an Dinge zu kombinieren: Käsewürfel mit Trauben, Melonen, Mandarinen und dazu Kräcker oder Weißbrot; Obstsalat mit Haferflocken; Obstsalat mit Feta oder Goudawürfel; Frischfrucht-Müsli mit Joghurt und Honig… usw.
Beim Gemüse ist das noch viel einfacher. Reis, Nudeln, Kartoffeln, bissel Käse rein und man ist pappsatt. Nicht zu vergessen meinen geliebten Feldsalat! Ich freu mich schon auf den Herbst und Winter, wenn es den wieder in Mengen gibt. Und Pilze! Ich gehöre ja zu den Verrückten, die einen Champignon sogar roh verputzen und das voll lecker finden. Am liebsten die braunen Champis oder auch Creme-Champis genannt. Leider sind gute Pilze in erschwinglich sehr rar geworden. Zumindest hier bei uns.

Alles in allem mag ich kein wirklicher Vegetarier sein, allein schon wegen dem Fisch, womit ich dann wohl eher zu den Pescetariern zählen dürfte – bin ich dann Tageslicht-Pescetarier? … Aber im Großen und Ganzen besteht mein Futter mittlerweile i.d.R. aus Fleisch-loser Kost. Wirklich fehlen tut mir da nichts. Und NEIN! Ich mag kein Tofu! Ist echt nicht meins. Schon gar nicht, wenn das Zeug versucht Fleisch zu imitieren. Was für mich sowieso unverständlich ist. Wenn ich Fleisch-los essen möchte, warum zum Henker muss mein Tofu dann bitte aussehen wie ein verkorkstes Schnitzel oder eine bleichgesichtige Bratwurst?! O.o Das kann doch nur in einer Enttäuschung enden. Mir kommt Tofu jedenfalls nicht mehr auf den Tisch. Probiert und für äh-bäh befunden.

Es geht durchaus. Hätte ich vor wenigen Jahren noch für eher unbefriedigend gehalten aber man lernt halt nie aus.
Und so ganz nebenbei tue ich auch noch was gegen Massentierhaltung und Tierquälerei. Das einzige, wo man mich derzeit echt noch festnageln kann, sind meine Eier (und im Grunde auch alle Milchprodukte, wenn man ehrlich ist). Bodenhaltung ist ja schön und gut, zumindest besser als Käfige, aber so wirklich artgerecht ist auch das auf keinen Fall. Aber hier muss ich leider auch auf meine Finanzen verweisen. Denn wer wirklich in allen Punkten für einen besseren Umgang mit Tieren kämpfen will, was eben vor allem auch über die eigenen Ernährungsgewohnheiten läuft, der muss dann auch tiefer in die Tasche greifen können. Das kann ich derzeit einfach nicht. Genauso wenig wie auf Bio-Produkte oder, fast noch wichtiger, Fair-Trade achten.

Was mich aber immer noch verflucht stört ist die Arroganz so einiger Vegetarier/Veganer. -.-
Ich kann einer Argumentation von wegen: „Der Mensch fing als Pflanzenfresser an.“ – genauso wenig folgen wie die der Fraktion der Fleischfresser, die nichts anderes als Fleisch verputzen, zum Teil sogar noch roh (weil die Höhlenmenschen hatten ja noch keine Tierhaltung und Feuer kam auch erst später… blaaaaaah). Homo Sapiens fing nachgewiesenermaßen von vornherein als Omnivore, also als Allesfresser, an. Er war Jäger und Sammler und ist es im Grunde bis heute geblieben. Alle Vorläufer des „modernen Menschen“ inkl. des Neanderthalers, sehe ich sozusagen als Testläufe der Natur an. Keiner von diesen hat bis heute überlebt und das wird schon so seine Gründe haben.
Genauso wenig kann ich etwas damit anfangen, wenn man mir vorhält, ich wäre ja weder noch und überhaupt, nur weil ich eben nicht in allen Punkten strikt ablehne(n kann). Ich kann immer nur so viel (Unterstützung im Kampf gegen Massentierhaltung und Co.) leisten, wie ich mir (finanziell) leisten kann. Auch das sollte mal respektiert werden können. Militante oder gar fanatische Einstellungen haben noch nie einen Kampf gewonnen. Zumindest nicht auf Dauer. Ich fühle mich gut so wie ich es handhabe. Nein, eigentlich fühle ich mich sogar besser und das nicht nur auf mein Gewissen bezogen sondern vor allem und zu allererst auf meine Gesundheit bezogen.
Ich bin ich und ich bin stolz drauf Tageslicht-Vegetarier genannt zu werden. Ich verleugne mein Erbe nicht völlig aber ich habe auch gelernt, dass es besser und sehr wohl auch zum Nutzen unserer tierischen Mitbewohner auf diesem Planeten geht. Ich halte es niemanden vor, wenn er/sie es anders sieht und handhabt, egal ob nun Veganer, Vegetarier (in allen Facetten) oder normaler Allesfresser. Aber ich möchte dann bitte auch so viel Respekt gezollt bekommen, dass auch ich ein ganz eigenes Recht darauf habe mein Leben und meine Ernährung nach meinen Vorstellungen und Möglichkeiten zu gestalten OHNE blöder, geradezu arroganter und dummer Seitenhiebe – die interessanterweise aus allen Lagern kommen.

Auch hier gilt einfach: Leben und leben lassen! ;)

In diesem Sinne: Guten Hunger euch allen. ^^

Vic
Über Vic 260 Artikel
Klein, bekloppt, chaotisch, unkonventionell und erwachsen werden ist nicht mehr drin. ;) Technik-affin, Spiele-Freak, Leseratte und noch so einiges mehr. Vor allem aber ohne meine Fellnase(n) total aufgeschmissen! Willkommen in meiner kleinen, verrückten (Märchen-)Welt. Noch Fragen? Dann fragt doch einfach! ;)